VW Fridolin Historie

Anfang der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts benötigt die Deutsche Bundespost ein spezielles Fahrzeug für den Brief- und Paketzustelldienst, für den Landposteinsatz und zum Entleeren der Großstadt-Briefkästen: der Käfer war zu klein geworden − und der VW-Transporter noch zu groß.

Post-Goggomobil
  Post-Goggomobil
Die Post, auf der Suche nach einem Fahrzeug in „arbeitspsychologisch optimaler Ausstattung zu einem günstigen Anschaffungspreis”, testet in einem Großversuch zunächst den „Goggomobil-Transporter”. Dessen luftgekühlter Zweizylinderzweitaktmotor von den Glas-Werken in Dingolfing gelangt jedoch schnell an seine Grenzen bei den starken Beanspruchungen des für die Postzwecke einsatz-typischen Kurzstreckenverkehrs.

Nach diesem fehlgeschlagenen Versuch wendet sich die Post an das Volkswagen-Werk. Hier hatte man ein offenes Ohr für die Probleme und besinnt sich der Westfalia Werke. Das vielseitige Unternehmen aus Rheda-Wiedenbrück fertigt bereits Aus- und Umbauten für Postfahrzeuge. Im Februar 1962 trägt die Post im ersten vorbereitenden Gespräch ihre Wünsche vor:

  • Zwei Kubikmeter Laderaum
  • Nutzlast zwischen 350 und 400 Kilogramm
  • Länge 3.750 mm
  • Breite 1.440 mm
  • Höhe 1.700 mm
Zusätzlich soll das Fahrzeug über zwei Schiebetüren verfügen. Das Volkswagenwerk sollte als Generalunternehmer fungieren und Teile bereitstellen. Die eigentliche Herstellung des Wagens soll dann bei Westfalia in Wiedenbrück erfolgen, wo damals vornehmlich Wohnmobile, Wohnwagen, Anhänger und Anhängerkupplungen entstehen.
Die zum Bau erforderlichen Teile sollten, sofern sie nicht bei Westfalia selbst produziert werden konnten, vom Volkswagenwerk und von Karmann in Osnabrück angeliefert werden. Es handelte sich dabei um Baukomponenten der VW-Modelle:
Post-Fridolin
  Post-VW Fridolin
Das „Sonderfahrzeug Post” trug die Bezeichnung Entwicklungsauftrag EA 149 und dann später VW Typ 147. Der Typ 147 wird inoffiziell als Fridolin bezeichnet. Ähnlich wie beim Käfer lässt sich der Ursprung der Namensgebung nicht genau nachvollziehen. Bei Westfalia soll ein Arbeitnehmer gesagt haben: „…er sieht aus wie ein Fridolin!” Der Spitzname stand dem Auto so gut zu Gesicht, daß er sich − sehr gegen den Willen des Auftraggebers − sofort einbürgerte.

Knapp zwei Monate später legte Westfalia dem Bundespostministerium die ersten beiden Zeichnungen vor. Auch ein Plastikmodell im Maßstab 1:8 war inzwischen fertig. Im Januar 1963 besichtigen die beteiligten Parteien in Wiedenbrück die erste begehbare Attrappe; sie war kurzfristig in der Innenraum-Höhe noch um 9 cm verringert worden. Nach eingehenden Absprachen über die äußere und innere Ausstattung und erneuter Besichtigung der Muster-Attrappe erhielt Westfalia Ende Februar den Auftrag von zunächst drei Muster-Fahrzeugen; zwei weitere sollten später hinzukommen.

Im August 1963 erfolgte beim TÜV in Hannover die Einzelabnahme der Prototypen 1 und 2. Fahrzeug 1 blieb zur technischen Erprobung im Volkswagenwerk, Fahrzeug 2 ging als Test- und Vorführwagen an das Posttechnische Zentralamt in Darmstadt.
Während der Internationalen Automobil-Ausstellung im September 1963 wurde Prototyp 2 im Hof der Frankfurter Oberpostdirektion ausgestellt und bei dieser Gelegenheit auch einigen ausländischen Postverwaltungen vorgeführt. Der „Fridolin” fand großes Interesse.
Im Oktober war der 3. Prototyp fertiggestellt; er entsprach im Wesentlichen schon dem späteren Serienmodell. Nach Abschluß der zum Anlauf der Serienfertigung notwendigen Vorbereitungsarbeiten (Bau von Werkzeugen, Typprüfung und Betriebserlaubnis), begann 1964 die Serienproduktion des VW 147 bei Westfalia.

Frido von allen Seiten
  VW Fridolin von allen Seiten
Der Fridolin unterschied sich von den übrigen Postfahrzeugen deutlich durch seine eigentümliche Form. Er besaß einen kastenförmigen Ganzstahlaufbau mit zwei seitlichen Schiebetüren und einer Heckklappe für den Laderaum und einer zweiten für den Motor; das Vorderteil fiel schräg nach vorn ab. Die Karosserie, eine Leichtkonstruktion aus verschweißten Blechpressteilen, war mit dem Chassis verschraubt. Als Fahrgestell diente der breite Zentralrohr-Plattformrahmen des VW Karmann Ghia (Typ 14). Achsen, Motor und Getriebe stammten vom Käfer.
Als Antriebsaggregat diente der damals übliche Käfermotor mit 1192 Kubikzentimeter Hubraum und einer Nennleistung von 34 PS bei 3600 U/Min. Motorklappe und weitere Teile kamen vom Transporter, Frontscheinwerfer und andere Komponenten vom VW 1500 (Typ 3). Fahrbereit wog der Fridolin 935 kg und war damit gut 200 Kilo schwerer als ein Export-Käfer.

Damit war er zwar kein Ausbund an Temperament, aber darauf kam es nicht an. Zugänglichkeit, großer Laderaum und geringe Betriebskosten spielten die Hauptrolle.
In der Praxis erfüllte das „Sonderfahrzeug Post” alle in ihn gesetzten Erwartungen. Mehr als ein Jahrzehnt war der VW 147 als Standardfahrzeug der Briefträger, Kastenleerer und der Zählerfotografen im Fernmeldedienst und in anderen Bereichen der Deutschen Bundespost im Einsatz und wegen seiner Vielseitigkeit äußerst beliebt.

Die beiden Schiebetüren erlaubten bequemes Ein- und Aussteigen, ohne den fließenden Verkehr zu behindern − besonders wichtig im innerstädtischen Bereich. In einigen wenigen Exemplaren wurde der Fridolin auch an andere Kunden geliefert, beispielsweise an einen Lesezirkel-Service in Lippstadt oder als Vorfeldwagen an die Lufthansa.

Für den deutschen Markt waren bis 1972 zusammen 6139 Stück gebaut worden; 85% davon zur Verwendung bei der Deutschen Bundespost. Der Rest ging an deutsche Firmen und Kommunalbetriebe, aber auch der norwegische VW-Generalimporteur holte sich einen Frido nach Oslo. Auch die Schweizer Bundespost (PTT) orderte 1201 Fahrzeuge von 1965 bis 1974. Diese waren allerdings aufgrund anderer Anforderungen modifiziert: sie hatten einen 1,3 Liter-44 PS-Motor, Scheibenbremsen vorne, Standheizung, Lüftungsklappe im Dach, Außenspiegel nicht an den Türen, sondern auf den vorderen Kotflügeln, eine spezielle Innenausstattung, und in den letzten Baujahren ein größeres Fenster in der Rückwandklappe und Heckscheiben in den Ecken, um ein besseres Rangieren zu gewährleisten. 1974 lief die Produktion des Fridolin aus, ein kleiner Reservebestand an Neufahrzeugen wurde von der PTT aber noch bis 1977 in Betrieb genommen.

Es haben nur wenige Exemplare dieses VW-Kleinlieferwagens bis heute überlebt − mangelnde Rostvorsorge ist hierfür der Hauptgrund. Weder Westfalia, noch Erstbesitzer Post oder die meisten Zweit- bis X-Besitzer haben sich hierum gekümmert − leider!